Wie Bier zu einer resilienten Supplychain beitragen kann
23. Feb 2024

How beer can contribute to a resilient supply chain

Kennen Sie das Bierspiel? Falls Sie jetzt an Bierpong denken, sind Sie falsch abgebogen – oder haben das einfache, aber effiziente Rollenspiel noch nicht kennengelernt. Beim Bierspiel nehmen die Teilnehmenden verschiedene Positionen in der Supply Chain ein. Das erklärte Ziel: Die Kosten der gesamten Wertschöpfungskette so gering wie möglich zu halten. Durch die Tatsache, dass wie im echten Tagesgeschäft die einzelnen Beteiligten einer Lieferkette ihre Informationen nicht vollständig austauschen, sondern lediglich die Bestellmengen übermitteln, liegt der Fokus meist nur auf der Bewältigung der eigenen Situation und der jeweiligen Rolle.

Dies führt dazu, dass sich die Bestellmengen sehr schnell aufschaukeln, wie man es vom Bullwhip-Effekt kennt. Trotz einfachster Regeln haben selbst erfahrene Logistiker Schwierigkeiten, das Aufschaukeln der Bestellmengen zu verhindern. „Die Erkenntnis dieses Rollenspiels ist, dass die Systemstruktur das Systemverhalten bestimmt. Probleme in der Supply Chain werden also nicht vorwiegend durch externe Faktoren verursacht, sondern durch den fehlenden Informationsaustausch ausgelöst“, erklärt Eric Weisz, Gründer und CEO des Start-ups Circly, der derzeit am Institut für Transportwirtschaft und Logistik der WU Wien promoviert. Weisz untersucht, wie man künstliche Intelligenz nutzt, um den Bullwhip-Effekt in Lieferketten zu glätten. Dabei legt er den Fokus auf die Management-Perspektive, da die Technologie selbst bereits gut erforscht ist, wie er sagt. Das Start-up Circly wurde von Weisz gemeinsam mit Armin Kirchknopf gegründet, um KI-Anwendungen für Supply-Chain-Mitglieder von der Produktion bis hin zum Einzelhandel kosteneffizient und kinderleicht zugänglich zu machen.

Concern about the data

Auf fast allen Veranstaltungen zum Thema Künstliche Intelligenz ist von den Daten als Problem die Rede. Und zwar nicht der Mangel an Daten, sondern vor allem die Weitergabe dieser. „Das Problem der Supply Chain ist also die Informationslage“, so Weisz. Die Tatsache, dass die meisten Unternehmen kein Vertrauen haben und nicht bereit sind, Informationen weiterzugeben, führt unter anderem zu verschiedenen Prognosemethoden innerhalb der Lieferkette. Diese können entweder durch die Verwendung falscher Daten oder unvollkommener Prognosetechniken einen Bullwhip-Effekt verursachen. Die weiteren Folgen sind etwa ein Anstieg der Lager- oder Herstellkosten, längere Wiederbeschaffungszeiten oder höhere Transportkosten.

Durch eine kooperative Denkweise aller an der Supply Chain Beteiligter, die freiwillig und effizient Daten austauschen, könnte dem Bullwhip-Effekt Einhalt geboten werden. Eric Weisz hat im Gespräch mit Dispo auch ein Paradebeispiel zur Hand: „Procter & Gamble und Walmart, beide wichtige Akteure in ihren Branchen, haben einen Weg gefunden, die Informationstechnologie zu nutzen, indem sie Daten über ihre gemeinsamen Lieferketten austauschen. Dadurch sind die Aktivitäten entlang der Supply Chain besser koordiniert und es besteht ein geringerer Bedarf an Lagerbeständen, aber ein höherer Ertrag durch den Fokus auf den Bedarf der Endkundschaft.“

Can artificial intelligence avoid the bullwhip effect?

Artificial intelligence allows supply chain players to look into the future by recognising trends in a data-driven and unemotional way, thereby bypassing the poor or sometimes non-existent communication between the individual participants in the supply chain.

Ein Anwendungsbeispiel ist etwa das Timeseries Forecasting. Hier werden historische Daten in Form eines Zeitstrahls miteinander kombiniert, und die Technologie erkennt die Abhängigkeiten zwischen den Daten. Da Informationen zu verschiedenen Faktoren, wie etwa Saisonalitäten, Wetter, Events und ähnlichem, im Voraus bekannt sind, erkennt die KI-gestützte Software die Kombination dieser Faktoren und ermittelt den tatsächlichen Bedarf. Wie gut die Ergebnisse der KI sind, hängt von der Qualität der Eingangsdaten ab. Um zu starten, werden rund drei Jahre an historischen Daten benötigt.

Dadurch ist der Produzent nicht mehr auf die Prognose der Einzelhändler angewiesen, sondern kann durch den Einsatz von KI präzise planen. Dabei wird nicht auf der Basis einfacher Statistik und menschlicher Erfahrung, sondern aufgrund vieler unterschiedlicher Faktoren vorgegangen.

Doch Timeseries-Vorhersagen sind nicht das einzige Anwendungsbeispiel. Neben dem Bullwhip-Effekt können auch andere Probleme der Supply Chain durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz gelöst oder zumindest eingedämmt werden.

So kann etwa die Personaleinsatzplanung über einen Effizienzschlüssel durch die Vorabkalkulation des Aufwandes optimiert werden. Auch die Tourenplanung lässt sich effizienter gestalten, um Leerfahrten zu verhindern. Bei der Zollabwicklung ist Künstliche Intelligenz in der Lage, automatisch zu überprüfen, auszufüllen und weiterzuverarbeiten. „Ein weiteres Einsatzfeld ist die Inventur, wobei hier gegebenenfalls Roboter benötigt werden. Ein spannendes Beispiel ist etwa Ubica aus Deutschland, die mit einem Roboter und passender KI Inventuren übernehmen“, beschreibt Eric Weisz.

Logistics industry as a pioneer in AI

Die Logistikbranche hat die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz längst erkannt, wenn man einer aktuellen Bitkom-Studie Glauben schenkt. Demnach setzt jedes fünfte Logistikunternehmen in Deutschland KI ein – entweder in der Bedarfsprognose, bei der Absatzplanung oder der Transportoptimierung. Weitere 26 Prozent planen dies oder diskutieren darüber.

The results come from a representative survey of more than 400 logistics companies with 20 or more employees in Germany. This refers exclusively to logistics service providers, i.e. transport logistics (land transport, shipping, aviation), warehousing and postal, courier and express services.

Im Vergleich dazu setzt nur neun Prozent der deutschen Unternehmen Künstliche Intelligenz als strategische Komponente ein. „Die Logistikbranche hat erkannt, welches Potenzial KI sowohl im Lager als auch beim Transport bietet und nutzt die Technologie gezielt, um Effizienz, Qualität und Produktivität zu steigern“, kommentiert Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder die Ergebnisse.

In der Zukunft erwarten 58 % der Logistikunternehmen, dass KI weit verbreitet sein wird und viele Aufgaben übernehmen wird, wie beispielsweise die Routenplanung oder das Vermeiden von Leerfahrten.

In the logistics sector, the majority of companies (56 percent) consider themselves to be pioneers in the field of digitalisation - in comparison, this figure is only 32 percent in the economy as a whole.

 This article was published on 22.11.2022 at https://dispo.cc/lieferkette/wie-bier-zu-einer-resilienten-supplychain-beitragen-kann/

Credit: Michaela Holy-Zwickelstorfer

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